Jenseits von Standard: die barrierefreie Küche

Rollstuhl- und Handicap-gerechte Küchenplanung oder Küchenrenovierung

Zwei Rollstuhlfahrer haben Spaß beim Abspülen an der Küchenspüle

Kein einziger Küchenhersteller hat sich auf barrierefreie Einbauküchen spezialisiert. Das ist auch nicht möglich, da es die behindertengerechte Küche nicht gibt. Je nach körperlicher Einschränkung muss die Einbauküche ganz individuell zugeschnitten sein. Individuelle Küchenplanung ist hier unerlässlich.

In den allermeisten Fällen geht es aber nicht um eine Neuplanung. Meistens soll die bestehende Küche nachträglich an motorische Einschränkungen angepasst werden. Ursachen können schlichtweg altersbedingt sein. Nachlassende Sehkraft und Standschwäche in den Beinen ist für viele Menschen im Alter ein Thema. Zittrigkeit und Vergesslichkeit können hinzukommen. Da die Muskelkraft generell nachlässt, ist auch schweres Heben ein nicht mehr zu bewältigender Kraftakt.

In anderen Fällen sind die motorischen Einschränkungen Folge von Unfällen, angeborenen körperlichen Schwächen oder Krankheiten. Wer unter Parkinson leidet, im Rollstuhl mobil ist oder nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt, ist auf eine Kücheneinrichtung angewiesen, die seiner eingeschränkten Beweglichkeit entgegen kommt. Idealerweise wird die Küche so umgebaut, dass trotz Behinderung alles möglich ist, denn selbstständig zu sein, ist ein entscheidender Faktor für die Lebenszufriedenheit und Gesundheit.

Welche Möglichkeiten gibt es, Küchen barrierefrei umzugestalten?

Geräte- und Küchen-Hersteller bieten inzwischen ein großes Sortiment spezieller Küchentechnik, die den Rücken schont, Wege verkürzt und bedienungsfreundlich ist. Mit Hub-System ausgestattete, höhenverstellbare Arbeitsflächen zählen genauso dazu wie versenkbare Backofenklappen oder herunterfahrbare Schrankeinsätze. Im Folgenden geben wir einige Anregungen, welche Küchenumbauten sich bei welchen Handicaps auszahlen.

Augenlicht und Küchenarbeit

Ganz entscheidend: das richtige Licht für die jeweilige Situation! Licht von oben für eine Rundum-Helligkeit. Licht, das genau den Arbeitsbereich ausleuchtet, an dem gearbeitet wird. Hilfreich ist auch eine Schubladen- und Schrankinnenbeleuchtung. All diese Lichtquellen sollten keine Schatten werfen und nicht blenden. Idealerweise schaltet sich das Licht an den jeweiligen Stellen automatisch durch Bewegungsmelder an, so beim Betreten der Küche, beim Öffnen der Schranktür oder beim Hantieren auf der Arbeitsplatte.

Entsprechende Leuchten finden Sie im Internet, z. B. bei www.click-licht.de. Ansonsten erleichtern große, gut erreichbare Tasten und/oder Fernbedienungen das Ein- und Auschalten. Auch Zuruf oder Klatschen ist inzwischen möglich. Entsprechende Smart-Home-Lösungen liefern diverse Hersteller. Generell gilt: Wer nicht mehr gut sieht, nimmt geöffnete Türen meist nur noch unzureichend wahr. Schränke mit Schiebe- oder Rollladentüren sind deshalb empfehlenswerter als Flügeltüren, an denen man sich stoßen kann.

Gleichgewichtssinn und Küche

In der Regel werden Küchenarbeiten im Stehen verrichtet. Standfestigkeit ist dabei unerlässlich. Flugs nach einem Handtuch zu greifen oder – in der einen Hand das Rührgerät – mit der anderen die Schublade zu öffnen und das Messer zu fassen, erfordert Koordinationsfähigkeit und eine gewisse Virtuosität. Aus den verschiedensten Gründen können hier Unsicherheiten auftreten. Nachträglich angebrachte Relingstangen, an denen man sich zur Not festhalten kann, und generell fest angebrachte Griffe und Beschläge zahlen sich im Stolperfall aus. Die so schicke grifflose Küche bietet dagegen gar keinen Halt.

Eine auf Arbeitsabläufe hin optimierte Anordnung von Spüle, Stell- und Kochfläche, Kühl- und Vorratsschrank vereinfacht das Werkeln in der Küche auch für Menschen, die nicht mehr so trittsicher sind. Bei der Planung einer Komfort-Küche werden die zentralen Bereiche Herd, Arbeitsplatte und Spüle über Eck platziert. Der Effekt: Bewegungen nach vorne, hinten und zur Seite werden minimiert bzw. ganz vermieden. Sie sparen Kraft und Schritte, können sich abstützen und brauchen sich bloß zur Seite wenden.

Bewegungsfreiheit in der Küche

Ist man mit Rollator, Rollstuhl oder einer anderen Gehhilfe in der Küche zugange, muss diese den entsprechenden Platz für Mensch und Gefährt bieten. Rollstuhlfahrer brauchen vor den Küchenmöbeln eine Mindesttiefe von 150 cm. Das gleiche Maß ist zu den Seiten hin erforderlich. Unterfahrbare Spüle und Arbeitsbereiche schaffen für Rollstuhlfahrer Ergonomie beim Abwasch und beim Zubereiten. Sich in der Taille seitlich um 90 Grad drehen zu müssen, darf keine Dauerlösung sein! Auch die Arbeitshöhe sollte natürlich genau auf die betreffende Person zugeschnitten sein.

Je nach Gehhilfe variieren die benötigten Breiten für ein bequemes Passieren von Durchgängen. So benötigen Stockgeher eine Mindestbreite von 70 cm, Krückengeher 80 bis 90 cm. Menschen, die ein Gehgestell oder einen Rollator benutzen, benötigen eine Durchgangsbreite von mindestens 80 cm. Im Rollstuhl braucht man wenigstens 90 cm. Wer beidseitig mit sogenannten 4-Fuß-Gehhilfen (Mehrpunktgehstöcken) in seiner Küche unterwegs ist, muss einen Meter Platz haben.

Ist ausreichend Platz in der Küche vorhanden, kann auf Hoch- und Hängeschränke verzichtet werden. Ideal sind Auszüge nach dem Vorbild Apothekerschrank. Diese gibt es inzwischen auch als unterbaufähige Küchenmöbel und lassen sich auch nachträglich noch installieren. Der Vorteil ist, dass von zwei Seiten Zugriff auf das Innere ist. Backofen und Geschirrspüler am besten nach alter Façon bodentief einbauen.

Erhöhte Sicherheit in der Küche

In puncto Einbaugeräte und Küchenwerkzeug hilft ein Austausch zusätzlich, Gefahrenquellen zu minimieren. So beseitigen Induktionskochfelder das Risiko, sich an der heißen Herdplatte zu verbrennen oder die Küche in Brand zu setzen, weil eine nebenstehende Ölflasche platzt und sich über das Kochfeld ergießt. Kühlschränke, die einen Warnton abgeben, wenn die Kühlschranktür nicht richtig geschlossen wurde, schützen vor unnötigem Stromverbrauch und vorzeitigem Schlechtwerden von Lebensmitteln.

Geschirrspüler, die automatisch starten, dosieren und sogar Geschirrspül-Tabs nachbestellen, nehmen richtig Arbeit ab. Wartungsfreie Dunstabzüge, die sich von selbst einschalten, wenn gekocht wird, verhindern schlechte Gerüche und halten die Sicht frei. Daneben gibt es noch allerhand Küchenwerkzeug, zugeschnitten auf zitttrige Bewegungen, nachlassende Muskelkraft und Sehfähigkeit. Der Fachhandel Seniola bietet viele spezielle für Behinderte geeignete, altersgerechte und seniorenfreundliche Küchenhelfer.